Wenn Du Dein Geld für 10 Jahre mit Aktien und ETFs anlegen möchtest, klingt das für viele gut. Warum bei der Geldanlage 10 Jahre für mich doch eher eine kurze Zeit sind, möchte ich Dir in diesem kurzen Artikel näher bringen. Der Fokus liegt dabei vor allem im Bereich des Investments in Aktienwerte mittels ETFs auf Indexwerte. Als Beispiel dient dabei der S&P 500. Wenn Du das gelesen hast, solltest Du vernünftig einschätzen können, was Dich an der Börse erwartet. Ist Dir der Artikel zu lang, dann spring doch gleich zum Fazit.
Überblick
Warum 10 Jahre schon eine lange Zeit sind
Dein Geld für 10 Jahre anlegen mit Aktien und ETFs? Denkst Du auch, dass ist eine lange Zeit? Gerade in Foren liest man immer wieder Fragen wie diese:
Hallo zusammen! Ich möchte gerne 10.000€ mit Anlagehorizont 5-10 Jahre folgendermaßen anlegen:30% S&P 50030% MSCI Europa30% msci em10% Nasdaq 100Passt das? Danke im Voraus!
Tja. Auch wenn Fragen wie diese regelmäßig, finde ich sie eigentlich gut. Es ist schade, wenn andere da genervt darauf reagieren.
Inhaltlich finde ich es toll, dass sich Leute überhaupt Gedanken darüber machen, mit Aktien und ETFs vorzusorgen.
Wenn das Ganze dann halbwegs höflich daherkommt, wie hier, gefällt es mir gleich noch besser. Es ist ja leider nicht mehr alltäglich, aber eine freundliche Ansprache und ein vorauseilendes Danke schätze ich schon.
Der Zeithorizont überzeugt mich aber nicht ganz. Sind bei der Geldanlage 5-10 Jahre überhaupt eine lange Zeit?
Kannst Du Dein Geld für 10 Jahre anlegen mit Aktien und ETFs? Genauer: kannst Du es da mit gutem Gewissen zu 100% in Aktienwerte stecken?
Immerhin heißt es ja oft: wer zu 100% in Aktien-ETFs investiert, sollte bereit sein, seine Geldanlage 10 Jahre nicht anzurühren. Aber stimmt das überhaupt?
Bei dieser Aussage fehlt für mein Empfinden ein MINDESTENS. Aktienwerte sind wirklich etwas für die langfristige Geldanlage.
Auch Warren Buffet soll gesagt haben, dass man Aktien noch nicht einmal 10 Sekunden besitzen soll, wenn man nicht bereit ist, sie für MINDESTENS 10 Jahre zu halten. Das MINDESTENS wird gerne überlesen.
Die Vorstellungen, was langfristige Geldanalage bedeutet, sind leider etwas unterschiedlich. Für manche sind 5 Jahre bereits eine verdammt lange Zeit.
Gerade in jungen Jahren kommen Dir 5-10 Jahre vielleicht recht lang vor. Ein Blick zurück auf das eigene Leben macht das deutlich.
Denke nur Mal darüber nach, wie Du die Welt und z.B. Deine Eltern im Alter von 10 Jahren betrachtet hast. Wie viel anders ist doch die Welt mit 20 Jahren. Auch später geht es so weiter.
Vor 10 Jahren war ich noch Student und lebte in Wien. Gerade frisch verheiratet, hatte ich eine kleine Anstellung als Doktorand und freute mich über das erste gute Gehalt.
Seither ist viel passiert: ein Kind, neue Stellen, mehrere Umzüge. Immerhin ist die Ehefrau noch die Gleiche – auch das ist nicht selbstverständlich, wenn ich mich im Bekanntenkreis umsehe.
Weder wusste ich damals, wie sich mein Leben mit Kind ändern würde, noch hätte ich mir vorstellen können, nach Fürth oder Erlangen zu ziehen.
Ich hatte wirklich keine Ahnung davon, wie viel anders mein Leben heute aussehen würde.
Weder hatte ich für mich beruflich mein heutiges Szenario im Kopf, noch kannte ich die Stadt, in die ich ein Jahr später aus beruflichen Gründen ziehen würde – auch wenn es ja eigentlich viel Wissenswertes über Erlangen gibt…
Dass es mich dann später sogar noch einmal wegen einer Stelle in meine Heimatstadt Mannheim verschlagen würde, konnte ich mir nach 25 Jahren in anderen Ländern und Städten auch nicht vorstellen.
Und dabei ist man mit Mitte 40 ja immer noch recht jung. Wenn Du erst Mal jenseits der 75 bist, sieht das Ganze vermutlich noch einmal ganz anders aus.
Du weißt dann vielleicht, dass 10 Jahre rasend schnell vergehen und gar nicht so lang sind und das im Leben viele Dinge geschehen, mit denen Du im Vorhinein gar nicht rechnest.
Geld für 10 Jahre anlegen mit Aktien und ETFs – Ist die Zeit zu kurz?
Der Zinseszins-Effekt braucht Zeit
Willst Du Dein Geld für 10 Jahre anlegen mit Aktien und ETFs, ist das eigentlich zu kurz für den Zinseszins-Effekt. Für 5 Jahre gilt das natürlich umso mehr. Warum?
Nun, einerseits braucht der Zinseszins-Effekt Zeit, um zu arbeiten:
Legst Du 10.000€ so an, dass sie jährlich eine Rendite von 8% erwirtschaften, hast Du nach 10 Jahren einen Zugewinn von 11.590€.
Der Ausgangswert hat sich also mehr als verdoppelt und das ist durchaus beachtlich.
Lässt Du Dein Geld auf diese Weise aber 40 Jahre für Dich arbeiten, dann vervierfacht sich dieser Wert nicht einfach. Du hast dann nicht einfach ca. 40.000€ an Zugewinn.
Wenn Du 10.000€ für 40 Jahre so anlegst, dass sie jährlich 8% erwirtschaften, beträgt der Zugewinn ca. 207.000€ bzw. mehr als das zwanzigfache der ursprünglich investierten Summe.
Damit der Zinseszins seine Magie entfalten kann, braucht es Zeit. 10 Jahre sind da einfach nicht genug.
Welche durchschnittliche Jahresrendite kannst Du beim S&P 500 erwarten?
Damit Du eine ordentliche durchschnittliche Jahresrendite erhältst, benötigst Du eine Anlage in Aktienwerte, am besten mittels ETFs. Sehr beliebt ist natürlich der amerikanische S&P 500.
Mit Festgeld, Prämiensparen, konventioneller Lebensversicherung, etc. geht das einfach nicht.
Aktienwerte haben aber einen Nachteil: sie schwanken und steigen nicht einfach linear an.
Einzelwerte bieten bei Aktien zusätzlich ein großes Risiko, denn einzelne Unternehmen können einfach Pleite gehen.
Mit einem Index-ETF verringert sich schon mal die Gefahr, dass ein einzelner Wert komplett ausfällt, z.B. durch eine Unternehmenspleite oder Bedeutungsverlust. Gerade bei einer langen Haltedauer ist das eine echte Gefahr (siehe z.B. General Electric).
Es bleibt aber das andere Problem von Aktienwerten: sie haben keine fixen Jahresrenditen.
Welche durchschnittliche Jahresrendite kannst Du bei einer Anlage mittels Index-ETF in den S&P 500 erwarten?
Nun. Von 1926 bis 2017 hat der S&P 500 (laut DFA-Daten) eine Rendite von 10,2% pro Jahr vorzuweisen. Das ist beachtlich.
Doch kannst Du damit fix rechnen, wenn Du Dein Geld für 10 Jahre in den S&P 500 investieren möchtest?
Leider nein. Es gibt hier nämlich ein Problem.
Je nach Jahrzehnt kann die durchschnittliche Jahresrendite doch sehr unterschiedlich ausfallen.
Von 1989 bis 1998 waren da schon mal 19,2% pro Jahr drin. Von 1959 bis 1958 waren es sogar mal 20,1% pro Jahr.
Zu dieser Zeit dachten Anleger wohl, dass es immer so weiter gehen würde. So verwundert es auch nicht, dass auch aktuell Analysten bis vor Kurzem ganz selbstverständlich meinten, der S&P 500 würde bis Ende 2021 um 20% steigen.
Tja. Die 20% wurden dabei sogar übertroffen. Wenn Du aber den Zeitraum 2020 bis 2022 betrachtest, dann sieht es anders aus.
2022 wurden die 20% zwar wieder geschafft, aber da stand leider ein Minus davor. Von 2020 bis 2022 kamst Du gerade Mal auf ein Plus von ca. 1% und liegst damit noch deutlich unter der Inflation.
Das ist nicht unüblich, sondern für Aktienwerte ganz normal.
Denn wo viel Sonne ist, gibt es leider auch viel Schatten. Die Periode von 2000 bis 2009 wird nicht ohne Grund als verlorenes Jahrzehnt bezeichnet.
Die durchschnittliche Jahresrendite betrug in diesem Zeitraum -0,9% pro Jahr. Genauso sah es übrigens auch im Zeitraum 1929 bis 1938 aus.
Streng genommen war die Dekade von 1999 bis 2008 mit einer negativen Rendite von -1,4% pro Jahr sogar noch schlimmer.
Mit 5-Jahres-Zeiträumen kann es dann sogar gleich richtig schiefgehen, wie z.B. die Zeiträume 1928 bis 1932 mit -12,5% pro Jahr und 2000 bis 2004 mit -2,3% pro Jahr recht eindrücklich zeigen.
Dies sind alles extreme Beispiele, keine Frage. Dennoch, möglich ist es. Murphy’s Law schlägt erbarmungslos zu, auch bei einem Aktieninvestment von 5 oder 10 Jahren.
Durchschnittsrenditen und 10-Jahreszeiträume
Nur selten bewegten sich die historischen jährlichen Renditen der unterschiedlichen Dekaden in der Nähe der langfristigen jährlichen Durchschnittsrenditen.
Lediglich in den beiden Zeiträumen von 1959 bis 1968 (10%) und 1974 bis 1983 (10,6%) lag die Abweichung von den historischen 10,2% pro Jahr bei unter 0,5%.
Umgekehrt heißt das, in allen restlichen 10-Jahreszeiträumen – und das sind ja doch einige – waren die Abweichungen von der historischen durchschnittlichen Jahresrendite recht hoch.
Ist die historische Jahresrendite von 10,2% also eine Lüge?
Nein, aber erst wenn Du Dir längere Zeiträume von 30 oder besser 40 Jahren ansiehst, nähern wir uns den 10,2% an.
Der wesentliche Faktor bei einem Investment in ETFs auf einen breiten Aktienindex, der das Risiko massiv “reduziert” heißt Zeit.
Zumindest mit Blick auf die Vergangenheit war es so: je länger der Zeitraum, umso mehr näherte sich die Jahresrendite den historischen Durchschnittswerten an.
Kurzfristige Renditen kamen diesen Werten nur selten nah.
Ob das auch in Zukunft so sein wird? Verlässlich kann das niemand sagen, aber die Chancen stehen gut.
Ab einer Anlagedauer von mindestens 10 Jahren ist die Chance hoch, dass Du mit einem breiten Investment in den S&P 500 keine Verluste machst und vermutlich sogar Gewinne.
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So war es in über 90% der 10-Jahres-Zeiträumen seit 1926 und in den wenigen anderen Zeiträumen waren die Verluste nicht sehr hoch.
Je länger der Zeitraum, umso größer die Chance, zumindest in der Vergangenheit.
Wenn Du Deine Geldanlage noch weiter diversifizieren kannst und statt einem S&P 500 zum Beispiel in einen ETF auf den MSCI World in Kombination mit einem ETF auf den MSCI Emerging Markets investierst, steigt die Chance weiter an, dass Du eine ordentliche Rendite bekommst.
Fazit – Deshalb sind bei der Geldanlage 10 Jahre eine kurze Zeit
Hast Du den Artikel bis hierher gelesen, sollte Dir bereits klar sein, warum bei der Geldanlage 10 Jahre eine kurze Zeit sind. Kurz zusammengefasst:
- Zum einen: der Zinseszins braucht einfach eine Weile, um richtig Fahrt aufzunehmen.
- Zum anderen: damit der Zinseszins arbeiten kann, ist ein Investment nötig, dass hohe Renditen abwirft, wie das natürlich Aktienwerte bieten, doch Aktienwerte steigen nicht linear, sondern schwanken, auch breite Index-ETFs.
Vorhersagen über lange Zeiträume sind bei Einzelaktien auch nicht wirklich möglich und sie haben ein sehr hohes Risiko.
Indexwerte sind da schon verlässlicher, auch wenn Aussagen über die Zukunft immer mit Vorsicht zu betrachten sind.
Hier gilt: je länger die Zeiträume, umso eher besteht die Chance, dass sich die Rendite der historischen durchschnittlichen Jahresrendite annähert.
5 Jahre sind dabei kein hinreichend langer Zeitraum, wie die Beispiele oben zeigen – und auch 10 Jahre langen noch nicht, um auf der sicheren Seite zu sein.
Hier schwankt die durchschnittliche Jahresrendite bei einem 10-jährigen Investment doch mit einer Bandbreite von plus minus ca. 10% um die historische durchschnittliche Jahresrendite von 10,2% herum.
Läuft es dumm, dann kann die durchschnittliche Jahresrendite eines S&P 500-Investments bei 10 Jahren sogar negativ sein.
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Okay. Schaut man sich die Geschichte etwas genauer an, hat es in vielen Fällen doch gereicht, einfach ein paar Monate oder Jahre zu warten, um wieder im Plus zu sein.
Doch wer weiß schon, was in 10 Jahren ist. Weißt Du heute schon genau, ob Du in 10 Jahren Dein Geld nicht vielleicht doch kurzfristig benötigst.
Hinzu kommt: bei der Geldanlage sind 10 Jahre zwar eine kurze Zeit, aber in unserem Privatleben sind sie das nicht. Da geschieht viel Unvorhergesehenes.
Wenn es dumm läuft, musst Du Deine ETF-Anteile dann vielleicht doch zum falschen Zeitpunkt verkaufen.
So oder so. Ich wollte Dich hier nicht demotivieren, Dein Geld langfristig zu investieren. Das halte ich für sehr wichtig.
Geld für 10 Jahre anlegen mit Aktien und ETFs ist schon ein ordentlicher Richtwert: in 90% der Fälle geht das ja gut.
Es ist halt eher ein “Mindestwert.” Darunter solltest Du ggf. auch an andere Anlageformen denken und nicht ausschließlich auf Aktien setzen.
Du solltest Dir aber im Verlauf Deines Lebens als Privatanleger immer mal wieder Gedanken über Dein Risikoprofil machen. Passt das noch oder hat sich zu viel verändert?
Schau Dir alle paar Jahre mal an, wie Dein Anlagehorizont gerade ist und ob das gewählte Risiko noch Deinen Lebensumständen entspricht.
Falls Du herausfindest, dass Du zu viel oder zu wenig Risiko eingehst, solltest Du dringend darüber nachdenken, Anpassungen vorzunehmen.
Denn auch wenn Du Dir fest vornimmst, Dein Geld für 10 Jahre anlegen zu wollen mit Aktien und ETFs – oder am besten noch viel länger – kann sich in Deinem Leben sehr viel verändern. Daran solltest Du bei Deiner Geldanlage denken.
Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten, Dein Risiko zu senken. In dem Du, zum Beispiel, die Diversifikation über andere Anlageklassen wie Anleihen, Rohstoffe, Immobilien, etc. streust. Das wäre aber wieder ein anderer Artikel…
Wie siehst Du das? Geld für 10 Jahre anlegen mit Aktien und ETFs? Ist das lang genug? Sind bei der Geldanlage 10 Jahre eine lange Zeit? Welche durchschnittliche Jahresrendite kannst Du vom S&P 500 in den kommenden Jahren erwarten?
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