Das Buy and Hold-Glaubensbekenntnis für Anleger.

Das Buy and Hold-Glaubensbekenntnis

Als treuer Anhänger des Buy and Hold, bzw. Kaufen und Behalten, muss man sich ja manchmal anhören, dass man etwas fanatisch sei. Anhänger des Buy and Hold – nicht nur Kritiker sehen da oft eine gewisse Nähe zur Religiosität. Ist Kaufen und Behalten so etwas wie eine Religion?

Na ja, nicht ganz, aber irgendetwas ist da schon dran. Buy and Hold-Anleger haben feste Auffassungen und folgen einem strengen Verhaltenskodex. Sie halten daran genauso fest wie an ihren Aktien oder ETFs.

Ist Buy and Hold eine Religion?

Okay. Buy and Hold-Anleger glauben nicht notwendigerweise an Gott oder irgendeine Art von höherem Wesen. Doch nicht jede Religion benötigt ein höheres Wesen. Es gibt längst moderne Definitionen von Religion, die das berücksichtigen.

Clifford Geertz beschreibt Religion zum Beispiel als ein Symbolsystem, dass darauf abzielt, eine kraftvolle, durchdringende und lang anhaltende Stimmung hervorzurufen. Hierzu formuliert sie grundlegende Seinsvorstellungen. Sie umhüllt diese Vorstellungen mit einer Aura der Faktizität, die diese Stimmungen und Motive in besonderer Weise realisitisch erscheinen lassen.

“A religion is a system of symbols which acts to establish powerful, pervasive, and long-lasting moods in men by formulating conceptions of a general order of existence and clothing those conceptions with such an aura of factuality that the moods and motivations seem uniquely realistic.”

Beyond Believe, Clifford Geertz

Die Glaubensvorstellungen der Anhänger des Buy and Hold

Die Märkte bewegen sich immer nach oben

Hand aufs Herz, liebe andere Buy and Hold-Anhänger, fühlt ihr Euch auch ertappt? Natürlich haben Anhänger des Kaufen und Behalten feste Glaubensvorstellungen. Sie glauben zum Beispiel daran, dass die Märkte sich langfristig immer nach oben bewegen und berufen sich dabei auf die Entwicklungen der Vergangenheit. Diese Faktenlage steht für sie im Einklang mit der Wirklichkeit.

Handelt es sich dabei um ein Naturgesetz? Vielleicht. In der Vergangenheit war es immer so, es spricht also viel dafür, dass das auch zukünftig so sein wird. Definitiv ist es aber nicht. Etwas Glaube ist da schon notwendig. Die Faktenlage der Vergangenheit spendet Hoffnung.

Fanatiker und Extremisten

Wie in den meisten Religionen, gibt es auch beim Buy and Hold Fanatiker und Extremisten. Betreibt man Kaufen und Behalten zum Beispiel mit einzelnen Aktien, dann ist das schon extrem. Es ist vor allem extrem gefährlich. Einzelne Aktien zu kaufen und diese dann für immer zu halten, komme was wolle, ist etwas für Fanatiker.

Ein Unternehmen braucht nur einmal einen richtig schlechten Manager zu erwischen, einem Hedgefonds zum Opfer zu fallen oder einfach den Anschluss an eine neue Technologie zu verpassen. Beispiel für solche singulären Börsenapokalypsen gibt es zuhauf.

Diversifikation und Zinseszins, der Messias

Anders sieht es aus, wenn ETFs oder Indexfonds zum Einsatz kommen. Die Erlösung lautet Diversifikation. Ist man über eine Anlage in einen breiten Indexfonds in tausende Aktien investiert, kann man diese entspannt halten. Geht der Markt nach unten, dann geht natürlich auch das Portfolio mit.

Doch da der Glaube da ist, dass die Märkte sich auch in Zukunft hauptsächlich nach oben bewegen, spielt das keine große Rolle. Wichtiger sind die durchschnittlich hohen Jahresrenditen. Die Anleger setzen darauf und hoffen auf den Zinseszins-Effekt.

Die Wiedergeburt – Das Leben nach dem Tod

In ihrer Ausrichtung haben Buy and Hold-Anleger eine auf die Langfristigkeit abzielende Motivation. In einem richtigen Crash bzw. länger anhaltendem Bärenmarkt braucht es auch ein gewisses Gottvertrauen. Der Anhänger des Kaufen und Behalten ist sich sicher: das Ende ist Nahe! Nach jedem Bärenmarkt folgt auch wieder ein Bullenmarkt.

Der Buy and Hold-Anhänger glaubt daher an ein Leben nach dem Tod. Der Crash stellt keine Gefahr da, denn ihm folgt verlässlich die Wiederauferstehung. Auch wenn alles hoffnungslos erscheint und Jahre des Trübsals herrschen spendet der Glaube an die Wiederauferstehung Trost. Das Ziel kann erreicht werden, wenn man nur durchhält, frei nach dem Motto:

Buy and Hold ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser.

Anhänger des Kaufen und Behalten bleiben bei ihrem Plan und warten einfach darauf, dass die Märkte sich wieder normalisieren. Betrachtet man die Börsenentwicklungen des letzten Jahrhunderts, dann war das auch vollkommen richtig: langfristig ging es bei einem breit diversifzierten Portfolio immer nach oben.

Das religiöse Selbstverständnis der Buy and Hold-Anhänger

Auch in Blog-Artikeln, die von Anhängern des Kaufen und Behalten verfasst werden, wird mit der Religion kokketiert. In einem Artikel, den ich vor Kurzem auf finanzblogroll.de las, hieß es zum Beispiel:

“Der Begriff Buy-and-hold gehört offensichtlich zum heiligen Wortschatz der Finanzblog-Szene.”

In einem anderen Artikel von einem mir nicht völlig unbekannten Blogger war vor Kurzem gar von den 10 Geboten für die Buy and Hold-Geldanlage die Rede.

Selbst Gerd Kommer, dem man ansonsten einen eher rationalen Ansatz unterstellt, nannte eines seiner Bücher “Die Buy and Hold Bibel“*. Dieses frühe Werk kann man wohl auch als Vorläufer von Souverän Investieren* betrachten. Dementsprechend wäre die Buy and Hold-Bibel dann das Alte Testament und Souverän investieren das Neue Testament. In letzterem liegt der Fokus stärker auf ETFs.

Das Buy and Hold-Glaubensbekenntnis

Wie auch immer. Kaufen und Behalten hat viele Merkmale einer Religion. Es ist also Zeit, dass man den Anhängern ein Glaubensbekenntnis bietet. Höret daher heute die frohe Botschaft der heiligen Mutter Kirche des Buy and Hold:

Ich glaube an Buy and Hold, die wahre Strategie,
die Allmächtige,
die Schöpferin der Rendite und des Wohlstands.

Und an den Zinseszins,
ihren eingeborenen Sohn, unseren Herrn,
empfangen durch den heiligen ETF,
geboren von den ausgabeaufschlagsfreien Investmentfonds,
gelitten unter dem aktiven Managment,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Bärenmarktes,
am dritten Tage auferstanden aus der Hausse,
aufgefahren in den Börsenolymp;
er sitzt zur Rechten Buffets,
des allmächtigen Vaters des Buy and Hold;
von dort wird er kommen,
zu richten die Day Trader und die Market-Timer.

Ich glaube an die heilige Diversifikation,
die heilige Kirche des Buy and Hold,
Gemeinschaft der Privatanleger,
Vergebung der Börsensünden,
Auferstehung der Value-Werte
und der ewigen Haltedauer.

Amen.

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