"Der Kleinaktionär ist das Kanonenfutter des Wertpapierhandels" Stimmt die Börsenweisheit von Helmar Nahr heute noch?

Der Kleinaktionär ist das Kanonenfutter des Wertpapierhandels?

Dem deutsche Mathematiker Helmar Nahr wird das folgende Zitat zugeschrieben:

“Der Kleinaktionär ist das Kanonenfutter des Wertpapierhandels.”

Doch stimmt das wirklich? Und wenn ja, muss das so sein bzw. so bleiben? Hat sich das nicht vielleicht sogar längst geändert?

Immerhin bieten Neobroker wie Trade Republic oder Scalable Capital mittlerweile kostenfreie Aktien- und ETF-Sparpläne an.

In dem Artikel erfährst Du, wie ich das sehe und warum ich denke, dass Kleinaktionäre beim Wertpapierhandel zwar meist immer noch das Kanonenfutter sind, das aber nicht unbedingt so sein muss.

Zu ungeduldig, um das alles zu lesen. Dann gleich ab zum Fazit unten.

Wie funktioniert die Börse eigentlich?

Die Frage kannst Du dir eigentlich ganz leicht beantworten, wenn Du Dir überlegst, wie die Börse funktioniert.

Die Börse ist ein Markt, auf dem die Händler Aktien und andere Werte kaufen und verkaufen.

Die Rollen sind aber nicht so klar, wie auf dem Wochenmarkt.

Händler können zugleich Käufer und Verkäufer sein.

Es findet nämlich ein Tauschhandel statt.

Der Verkäufer verkauft, weil er vermutlich davon ausgeht, dass der Preis sinkt – zumindest vorübergehend.

Der Käufer verkauft hingegen, weil er hofft, dass der Preis steigt.

Dumm nur: über den gleichen Zeitraum betrachtet können nicht beide recht behalten können.

Daher solltest Du Dir einmal überlegen, wer da wohl auf der anderen Seite des Handels steht.

Stell Dir also vor, Du kaufst eine Apple-Aktie. Diese kommt ja nicht aus dem luftleeren Raum. Irgendwem gehört sie wohl vorher.

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Mit wem bzw. gegen wen handele ich eigentlich als Privatanleger?

Wer steht da also wohl auf der anderen Seite des Handels? Eine andere Privatperson wie Du?

Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.

Schließlich wird die überwiegende Zahl von Käufen und Verkäufen von institutionellen Händlern durchgeführt.

Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass auf der anderen Seite des Bildschirms gerade ein institutioneller Anleger – vermutlich zunehmend in Form eines Algorithmus – den Verkaufsknopf betätigt.

In der Regel trittst Du also gegen einen Supercomputer, ein Recherche-Team von Finanzökonomen mit PhDs und ausgeklügelten Research-Tools an.

Ein fairer Kampf?

Ist das ein fairer Kampf? Nicht wirklich.

Steht Tesla schon zu hoch und wird fallen oder geht die Aktie die nächsten Jahr ab wie eine Rakete?

Wie kommst Du zu Deinen Kauf- bzw. Verkaufsentscheidungen?

Auf welcher Grundlage triffst Du Deine Entscheidung, Tesla (TSLA) zu kaufen oder zu verkaufen?

Lass mich raten:

  • Ein Börsenexperte in einem Magazin rät Dir dazu? (Stichwort Finanzpornografie)
  • Ein Blogger spricht eine Kaufempfehlung aus?
  • Ein Bekannter hat Tesla und das läuft toll?
  • Du findest Elon Musk cool?
  • Du hast den Geschäftsbericht gelesen und das Unternehmen analysiert?
  • Du wolltest eigentlich Tiziana Life Sciences mit dem Kürzel TLSA kaufen, hast Dich aber vertippt
  • etc.

Alles okay, aber das sind alles Informationen, auf die institutionelle Anleger auch zugreifen können – und mehr.

Du hast vermutlich keine so umfassende Ausbildung und professionelle Informationskanäle zur Verfügung, wie die institutionellen Anleger, die oft sogar direkte Kanäle zu den Unternehmen pflegen.

Denk nur Mal an die Berichterstattung zu Wirecard.

Konntest Du Dir als Privatanleger da im Vorfeld wirklich eine gute Meinung bilden?

Sind Privatanleger bzw. Kleinaktionäre als Kanonenfutter?

Stimmt die Aussage also, die Helmar Nahr zugeschrieben wird? Sind Privatanleger das Kanonenfutter des Wertpapierhandels?

Meiner Meinung nach müsste man den Satz also eigentlich wie folgt ergänzen:

“Der Kleinaktionär ist das Kanonenfutter des Wertpapierhandels”, der von institutionellen Anlegern, die über deutlich besseres Wissen und Ressourcen verfügen, dominiert wird.

Die gute Nachricht für Dich: auch Finanzökonomen und Supercomputer können an der Börse Fehler machen.

Längst nicht alle institutionellen Anleger lagen bei Wirecard richtig.

Es gibt hier einfach viel Ungewissheit und Vorhersagen sind schwierig.

Der SPIVA-Report zeigt regelmäßig, dass professionelle Anleger in der Regel auch nicht besser abschneiden als der Markt.

Etwa 71% der Fonds auf US Large Caps schneiden über 1 und 3 Jahre schlechter ab als der S&P 500-Index.

Bei 5 Jahren sind es bereits über 80% – und je länger der Zeitraum, umso weniger sind es.

Im Umkehrschluss solltest Du Dir aber überlegen:

Ist meine Methodik wirklich besser als die von institutionellen Anlegern? Und sind meine Informationsquellen wirklich besser als die von institutionellen Anlegern?

Wenn Du es nüchtern betrachtest, kommst Du vermutlich zu dem Schluss: eher nicht.

Was also tun?

Wie können Privatanleger diesen ungleichen Kampf sogar gewinnen?

Dieser ungleiche Kampf ist gar nicht so aussichtslos, wie er vielleicht auf den ersten Blick wirkt.

Hör auf zu kämpfen! Versuche gar nicht erst den Markt zu schlagen Stattdessen: Sei der Markt!

Gerade für Börsenanfänger ist das wohl ein guter Ratschlag.

Mit einem kostengünstigen ETF, der einen breiten Index wie den MSCI All Country World Index oder den FTSE All-World abbildest, machst Du – meiner Meinung nach – nicht viel falsch.

Klar. Gehen die weltweiten Aktienkurse hoch, gehst Du mit hoch. Fallen Sie, fällst Du mit.

Langfristig sind sie in der Vergangenheit aber gestiegen und das werden sie aller Voraussicht auch in Zukunft tun.

Legst Du also langfristig an – mindestens 10 besser 15 Jahre – ist das Risiko überschaubar.

Sei langweilig und durchschnittlich 

Du magst einwenden: Marktrenditen sind langweilig und nur Durchschnitt.

Zugegeben: wenn Dich Dein/e Ex-Partner/-in im Nachhinein als durchschnittlich und langweilig bezeichnet, ist das ja nicht so toll und kratzt am Ego.

An der Börse kostet das verletzte Ego aber einfach wahnsinnig viel Geld

Klar. Index-ETFs sind sehr langweilig. Aber brauchst Du bei der Geldanlage wirklich den totalen Nervenkitzel?

Außerdem: in einer Weltwirtschaftskrise kann ein Index wie der MSCI All Country World Index problemlos vorübergehend 50-60% oder mehr fallen.

Ich weiß nicht, wie Du das siehst, aber mir reicht das eigentlich an Nervenkitzel.

Und Durchschnitt ist relativ. Ja, du bekommst damit wahrscheinlich in etwa durchschnittliche Marktrenditen. Klar.

Mit durchschnittlichen Marktrenditen schlägst Du aber die überwältigende Mehrheit der Privatanleger. Diese erreichen nämlich keine Marktrenditen.

Nicht nur das. Du schlägst damit sogar langfristig auch die Mehrheit der institutionellen Anleger, wie der SPIVA-Report regelmäßig zeigt.

Fazit

“Der Kleinaktionär ist das Kanonenfutter des Wertpapierhandels” war gestern?

Jain. Leider trifft die Aussage von Helmar Nahr auch heute noch meistens zu.

Die Mehrheit der Privatanleger kommt nach wie vor nicht an die Marktrenditen heran.

Dank ETFs gibt es heutzutage aber zum Glück ganz andere Möglichkeiten beim Wertpapierhandel als noch vor ein paar Jahrzehnten.

Gerade im letzten Artikel hatte ich ja über Trade Republic geschrieben, die kostenlose Aktien- und ETF-Sparpläne anbieten.

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Wenn Du es gescheit anstellst und auf kostengünstige, breit diversifizierte ETFs setzt und diese lange hältst, hast Du als Kleinaktionär sogar eine gute Chance, institutionelle Anleger zu schlagen.

Und? Überlegst Du noch oder investierst Du schon?

Auf Deine Kommentare und Anregungen freue ich mich bereits! Hinterlasse doch gerne eine kurze Nachricht und sag mir, was Du von dem Artikel hältst. Neben Lob und freundlichen Worten sind kritische Anmerkungen ebenfalls willkommen.Sie helfen mir dabei, den Artikel zu verbessern.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Der Kleinaktionär ist das Kanonenfutter des Wertpapierhandels?“

  1. Toller Beitrag!
    Als Kleinanleger, der nicht viel Zeit mit dem Investieren verbringen, und sich den Kopf zerschlagen will, sind ETFs konkurrenzlos.
    Mit ETFs, die Indizes wie einen S&P 500 abbilden, schneidet man besser ab als die Mehrheit der Instituinellen Fonds.

    Grüsse
    Oliver

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